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Werkeinführung

Thomas Buchholz: KLINGELFRANZ – Zwei Liszt-Paraphrasen für Orchester und elektroakustisches Zuspiel (2011)

Entstehung:
2011 im Auftrag des Tonkünstlerverbandes Sachsen-Anhalt

Besetzung:
1 alt. Piccolo.2.1.1 – 2.1.1.0 – Perc., Streicher, CD-Stereo-Abspiel

Satzfolge:

  1. Mephisto
  2. Campanella


Zum Werk:
Franz Liszt zählt zu den innovativen Köpfen der Musik des 19. Jahrhunderts. Darüber hinaus hat er als Virtuose letztlich auch den Instrumentenbau beeinflusst. Kein Klaviermacher konnte nach Liszt noch ein Instrument auf den Markt bringen, dass den Anforderungen der Spieltechnik Liszt‘s nicht entsprochen hätte. Nun lässt sich die Tragweite des Komponisten nicht auf seine virtuose Klaviermusik beschränken. Sein Werk umfasst viele Stücke mit tiefer poetischer Wirkung und einer musikalischen Experimentierfreude, die heute noch den Musikforscher wie den Liebhaber staunend macht. Immerhin war Liszt der erste Komponist, der lange vor der Auflösung der kadenziellen Harmonik durch Debussy oder der harmonischen Zwölftonmethode eines Josef Matthias Hauer, Stücke „ohne Tonart“ komponierte. Nur wenigen Musikfreunden sind diese Tatsachen bekannt. Und oft erlebt man, wie sehr Liszt auf sein Virtuosentum beschränkt betrachtet wird. Die daraus resultierenden, teilweise auch berechtigten Kritiken (manche stammen noch von berühmten Zeitgenossen wie Clara Schumann oder Johannes Brahms), dass seine virtuosen Stücke zeitweise substanzloses Geklingel seien, brachten ihm das Kritikerwort vom „Klingelfranz“ ein, dessen Ursprung nicht genau ermittelt wurde. Und irgendwie ist es ein Klavierstück, dass technisch recht anspruchsvoll eine Geigen-Etüde seines Zeitgenossen Paganini transkribiert. Diese Etüde trägt sowohl bei Paganini, also auch bei Liszt den Titel „La campanella“ – das Glöckchen und ist eine Paraphrase über ein italienisches Volkslied. Und wer sich von seinem Virtuosenkollegen eine musikalische Bluttransfusion holt, bekommt selbstverständlich auch die damit verbundenen Viren mit; abgesehen davon, dass Klingel-Franz l ustiger klingt als vielleicht Campanella-Nicolň.
Ob meiner Wertschätzung gegenüber dem großen Musiker war es mir eine Freude, zwei der berühmtesten Klavierstücke Liszt‘s, den Mephisto-Walzer und die Etüde nach Paganini „La campanella“, musikalisch neu auszuleuchten. Dabei sind mir die Gesten der musikalischen Vorlage wichtiger gewesen als das wörtliche Zitieren (bis auf das unvermeidliche Glöckchen-Zitat). Ob mich der Virus der Virtuosität nun ob dessen zum Klingel-Thomas macht, werde ich besser meinen Kritikerinnen und Kritikern überlassen.
Halle, Juni 2011, Thomas Buchholz





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© 2006 Thomas Buchholz - Komponist

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